Neues Rufbus-Konzept mit App und virtuellen Haltestellen (18.12.22)

Verkehrswende in Nordfriesland 

Von Marc Nasner | 18.12.2022, Husumer Nachrichten, Inselbote, Nordfriesland Tageblatt, Sylter Rundschau

Die Alternative zum Mama-Taxi

Der Kreis Nordfriesland testet ein neues Rufbuskonzept, mit dem individuell zugeschnittene Fahrtangebote gemacht werden können. Mit dabei: eine App und virtuelle Haltestellen. So funktioniert es:

Das Konzept ist gut – da ist sich Uwe Schwalm sicher. „Wir müssen die Verkehrswende schaffen“, sagt der Grünen-Politiker und 3. stellvertretende Landrat. Mit einem neuen Rufbus-Konzept für den Kreis Nordfriesland möchte er nachhaltige Mobilität ankurbeln. Im Zentrum stehen die App des Unternehmens „ioki“ und virtuelle Haltestellen. „Wirklich nachhaltig sind solche Angebote nämlich nur, wenn sie auf die Nutzer zugeschnitten sind“, merkt er an. Der Kreistag hat nun beschlossen, das Angebot in einem Pilotprojekt ab April rund um Bredstedt zu testen.

Mit der geplanten App soll der Rufbus für junge Menschen attraktiver werden. Zwar würden Jugendliche das Angebot schon jetzt nutzen, etwa um zum Sport zu fahren, dennoch erhofft sich Uwe Schwalm noch Zuwachs. „So könnte sicherlich die ein oder andere Fahrt vom Mama-Taxi eingespart werden“, ist er sich sicher. Ein Algorithmus solle dann auch die kürzeste, umweltfreundliche Route mit allen Fahrgästen erstellen. Dafür sei es nötig, den Rufbus mit 90 Minuten Vorlauf zu buchen. [Korrektur: Der letzte Satz trifft nicht zu – der Algorithmus braucht die 90 Minuten nicht, er kann das schneller – die Vorlaufzeit fällt weg. U. S.]

Virtuelle Haltestellen lange nicht möglich

Teil der App ist auch die Idee von virtuellen Haltestellen. Wie Schwalm erklärt, sei es rechtlich lange Zeit nicht möglich gewesen, außerhalb von Bushaltestellen anzuhalten. „Wenn da kein Mast mit Haltestellenschild stand, konnte der Busfahrer nichts machen“, sagt er. Im Schadensfall hätte dann die Versicherung nicht gegriffen. Mit der Gesetzesänderung aber sieht er nun die Möglichkeit, für den Rufbus virtuelle Haltestellen einzurichten. In der App sollen dann im Abstand von 100 oder 200 Metern Punkte markiert werden, an denen sich Fahrgäste abliefern lassen können. Er hoffe, dass lokale Unternehmen sich beteiligen und gegen ein kleines Sponsoring virtuelle Haltestellen an den Geschäften entstehen könnten.

Absagen sollen verhindert werden

In der Region um Süderbrarup (Schleswig-Flensburg) und auch in Rendsburg finden ähnliche Konzepte bereits großen Zuspruch. „Daher bin ich nach Süderbrarup gefahren und habe mir das vor Ort angeguckt“, berichtet Schwalm. Aktuell sei die Nachfrage dort mit einem Spitzenwert von 380 Fahrgästen am Tag so groß, dass gar nicht alle Fahrtwünsche berücksichtigt werden könnten. Das möchte Schwalm für den Kreis Nordfriesland verhindern: „Daher planen wir, drei Busse während des Pilotprojekts einzusetzen.“

Seitdem auf Eiderstedt der Rufbus im Jahr 2018 eingeführt wurde, sei das Interesse an dem Angebot beständig gestiegen, sagt Schwalm. Im Kreis seien in Husum, Bredstedt, Niebüll und auf Eiderstedt die Menschen aufgeschlossen. „Auf dem platten Land kennen aber viele den Rufbus noch gar nicht“, merkt er an. Dabei sei der Rufbus mit einem Ticketpreis von 2,40 Euro attraktiv.

Angebot in kleineren Dörfern unbekannt

Mittlerweile würden auf Eiderstedt sogar deutlich mehr Menschen mit dem Rufbus fahren als in Husum und Bredstedt. Ein Musiker-Kollege Schwalms, der aus Polen stammt und Russisch spricht, arbeitet für das Busunternehmen. Durch Mundpropaganda seien viele ukrainische Geflüchtete auf das Angebot aufmerksam geworden. „Die Tour nach Tönning wird besonders häufig von Ukrainern gebucht, da sich dort das Sozialamt und die Tafeln befinden“, erklärt Schwalm. Nur an einem Punkt hakt die Idee noch: „Mir ist bisher kein passender Name eingefallen. Da nehme ich gerne Vorschläge entgegen.“

In den Kreisen SL/FL und RD/ECK wird im nächsten Jahr der Rufbus-On demand-Verkehr flächendeckend und Rund-um-die-Uhr ausgerollt. Das fördert der Bund mit 30 Mio und das Land mit zusätzlich 7 Mio Euro:

Die Schleiregion wird zum Vorreiter der Mobilitätswende
Presseinformation Nr. 293.22 / 13.12.2022 Grüne Fraktion Landtag SH

Zur Förderung der Schleiregion im Rahmen des Pilotprojekts Mobilitätsgarantie sagt die mobilitätspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Nelly Waldeck:

Wir setzen den Startschuss für eines unserer größten Mobilitätsvorhaben aus dem Koalitionsvertrag, der Mobilitätsgarantie. Die Schleiregion wird damit zum Vorreiter der Mobilitätswende. Wir wollen Mobilität an den Nutzer*innen orientieren und ihnen ein regelmäßiges, öffentliches Mobilitätsangebot an jedem Ort Schleswig-Holsteins ermöglichen. Das Vorhaben soll in der Modellregion auf seine Wirkung untersucht und optimiert werden, um es anschließend auszuweiten.

Ich freue mich, dass wir dieses wichtige Vorhaben so früh in die Umsetzung bringen. Die überwiegend ländlich geprägte Struktur Schleswig-Holsteins findet in der Modellregion der Schlei Beachtung. Nur so lässt sich das Konzept auch auf ganz Schleswig-Holstein übertragen.

Claudia Jacob Pressesprecherin

Eiderstedt ist seiner Zeit weit voraus (Rufbus-Pilotprojekt schon 2018)

Öffentlicher Nahverkehr für alle: Pilotprojekt kommt in den Norden (Husumer Nachrichten 13.12.22)

Nahverkehr für alle zu bezahlbaren Preisen – und das rund um die Uhr: Im Januar startet ein zweijähriges landesweit einmaliges Pilotprojekt in der Schleiregion, das der Bund mit 30 und das Land mit sieben Millionen Euro fördert. „Damit soll im ländlichen Raum jeder Einheimische und Tourist zu jeder Tages- und Nachtzeit ohne eigenes Auto barrierefrei, garantiert und nachhaltig mobil sein können“, sagt Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos). „Wir wollen ein Rundum-Sorglos-Paket, das auch auf andere Regionen übertragbar ist.“Kernstück des Projekts mit dem Titel „Smile 24“, in das die Kreise Schleswig-Flensburg und Rendsburg-Eckernförde eingebunden sind, ist der Aufbau eines flächendeckenden On-Demand-Verkehrs. Das bedeutet, dass jeder in der Region über eine App ein Fahrzeug buchen kann, das ihn an sein Ziel bringt. „Das soll spätestens im Sommer flächendeckend in der Region möglich sein“, sagt Madsen. Außerdem sollen die Buslinien von Schleswig nach Port Olpenitz, von Eckernförde nach Kappeln sowie von Schleswig nach Eckernförde ausgebaut und in der Hochsaison um zwei Expressbuslinien ergänzt werden. Die Busflotte soll komplett elektrisch fahren.Damit den Menschen das Umsteigen erleichtert wird, sollen zusätzlich 13 Carsharing- und 18 Bikesharing-Stationen eingerichtet werden. Die Reisenden sollen für das Angebot nur den Schleswig-Holstein-Tarif zahlen. „So wollen wir auch möglichst viele Touristen, von denen die allermeisten noch immer das eigene Auto nutzen, für den Nahverkehr begeistern“, so Madsen. Das Projekt sei extra in einer touristisch attraktiven Region angesiedelt worden, in der bislang nur wenige Leute den Nahverkehr nutzen. Nun sollen sie per App genau sehen können, wie sie von jedem Punkt in der Region zu einem anderen kommen – und die Route auch gleich digital buchen können. Wer kein Smartphone hat, soll via Telefonhotline und an speziellen Verkaufsstellen Infos bekommen und Tickets kaufen können. „Klimaneutral mobil – auch ohne Auto – auch im ländlichen Raum, das ist das Motto des Projekts“, sagt Madsen, der das am liebsten auf ganz Schleswig-Holstein ausweiten würde. „Wir wollen eine Vernetzung aller Verkehrsträger und Mobilitätsinfrastrukturen erreichen, die in ihrer Vollständigkeit nach unserer Kenntnis deutschlandweit im ländlichen Raum so noch nicht vorhanden ist.“

…………………………… und auch im Kreis Dithmarschen ist für 2023 ein Pilotprojekt um Wesselburen herum geplant (angrenzend an das Eidersperrwerk), das dann 2024 auf das Amt Eider (um Lunden herum) ausgedehnt werden soll. Beide Gebiete liegen direkt an der Kreisgrenze zu Nordfriesland.

…………………………. und wir in Nordfriesland sind mit unserem Pilotprojekt im Netz Mitte um Bredstedt herum [Neuer Rufbus mit Buchung über App oder Telefon, quasi einer Haustürbedienung durch virtuelle Haltestellen, Bedienzeiten werktags von 5 – 21 Uhr – samstags und sonntags morgens etwas später – und GPS zur Ortung des bestellten Fahrzeugs] ganz vorne mit dabei :).

Erfahrungen mit dem Rufbus in Nordfriesland bis 2022 und geplante Optimierungen ab 2023 (18.12.22)

(Der Beitrag ist in Bearbeitung)

Die flächendeckende Einführung des Rufbusses fand in Nordfriesland im August 2019 statt. Der Anfang war vielversprechend. Ein gutes Vermarktungskonzept für diese neue Mobilitätsform war entwickelt und durchfinanziert worden. Wegen der Corona-Pandemie wurde es dann allerdings leider vom Kreis ausgesetzt, um die Ansteckungsgefahr im ÖPNV zu minimieren. Nur auf Eiderstedt wurde das Konzept weiterhin beworben, weil die ehrenamtlich tätige Mobilitäts-AG des Kooperationsraums Mittleres Eiderstedt die Infektionsgefahr in den neuen Rufbussen als sehr gering eingeschätzt hat – in der Anfangsphase einer neuen Mobilitätsform sind erfahrungsgemäß nur sehr wenige Fahrgäste pro Fahrt zu erwarten – und den Nutzen besonders für ältere Menschen in dieser schwierigen Situation für sehr hoch. Trotz dieser auch in letzter Zeit sehr spartanischen Bewerbung entwickelten sich die Nutzungszahlen im Jahr 2022 in Gebieten um größere Orte herum (Niebüll, Bredstedt, Husum) zufriedenstellend, auf Eiderstedt sehr gut (Zu dem Schub in den letzten Monaten haben wahrscheinlich die Geflüchteten aus der Ukraine wesentlich mit beigetragen – siehe Zeitungsartikel vom 18.12.22. Leider sind mir die konkreten Zahlen aus der Statistik-Erhebung, mit denen ich das genauer hätte recherchieren können, bisher vorenthalten worden). In vielen kleineren Dörfern allerdings ist die Nutzung schlecht bis sehr schlecht, was einerseits an der fehlenden Bewerbung, andererseits aber auch an der dortigen Siedlungsstruktur und/oder am mangelnden Bedarf gelegen haben kann.

Die in 2023 geplanten Optimierungen entnehmen Sie bitte vorerst dem Zeitungsartikel vom 18.12.22. Geplant ist darüber hinaus auch die Erweiterung der Bedienzeiten auf 5 – 21 Uhr, womit der neue Rufbus dann auch für Berufstätige interessant wird. Später dazu mehr :).

RufBusse für ganz Nordfriesland! (28.1.18)

Der Kreis Nordfriesland hat sich 2014 entschlossen seinen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) attraktiver zu gestalten und neu auszuschreiben. Die großen Busse fuhren zu selten und wurden kaum genutzt. Aber welches Konzept ist für unseren ländlichen Kreis geeignet und auch noch einigermaßen bezahlbar? Auf grüne Initiative fand dazu eine Informationsreise durch halb Deutschland statt, um zu sehen, wie andere Kreise diese Aufgabe gemeistert hatten und um von deren Erfahrungen zu profitieren.  Im Altmarkkreis Salzwedel in Sachsen-Anhalt wurden wir fündig. Dort hat die Umstellung schon 2008 stattgefunden. Ab 1. August 2018 wird in Nordfriesland jetzt ein ähnliches System eingeführt, das aus drei Netzebenen besteht:

1. Zug und Schnellbus im 1-Stunden-Takt,

2. Linienbusse im 2-Stunden-Takt/Schulbusse und

3. Kleinbusse als Rufbusse flächendeckend im 2-Stunden-Takt zur Verbesserung der öffentlichen Mobilität im ländlichen Raum.

Dieses neue System ist attraktiver und flexibler. Besonders freuen wir uns über die neuen RufBusse, die eine wichtige Funktion für unseren ländlich strukturierten Kreis haben werden. Ab August ist ein Leben ohne Auto auch in abseits gelegenen Dörfern wieder gestaltbar.

Die Erfahrungen des Pilotprojektes im mittleren Eiderstedt zeigen allerdings, dass die erfolgreiche Umsetzung kein Selbstgänger ist. Besonders in den ersten beiden Jahren ist ehrenamtliches Engagement und die Unterstützung durch die Gemeindevertretungen fundamental wichtig, um das Modell richtig auf die Straße und in die Region zu bringen, um es bekannt zu machen und um einige Hürden bei der Erstbenutzung – vor allem bei älteren Menschen – gemeinsam zu überwinden. Dann allerdings – und das zeigt das eiderstedter Pilotprojekt auch ganz deutlich – kann es ein Riesenerfolg werden!

Die Eiderstedter waren sehr aktiv und kreativ: Sie haben sich intensiv selbst um die Streckenführung, den Fahrplan und die Platzierung der Haltestellen bemüht. Mit Flyern, Presseartikeln, Weitererzählen, Busvorstellungen auf Messen, Einwohnerversammlungen, Senioren- und Landfrauenveranstaltungen haben sie fast jeden Bürger im RufBusgebiet erreicht. Die Gemeindevertretungen und der Amtsdirektor unterstützen das Projekt sehr. Es wurde sogar eine hauptamtliche Stelle dafür geschaffen! Ein eigens gegründetes ‚RoofBus-Orchester‘ spielt bei den Busvorstellungen auf und erhöht die Aufmerksamkeit. Kümmerer in jeder angeschlossenen Gemeinde bieten ihre Hilfe für ‚das erste Mal‘ an. Es gibt spezielle Informationen für Touristen, die Schulen und Sportvereine werden einbezogen.  Attraktive Veranstaltungen finden an der RufBusstrecke statt, die man jetzt auch ohne Auto gut erreichen kann und die sich sehr großer Beliebtheit erfreuen, wie z. B. „Kaffee, Kuchen, ein Schnaps und Gesang“ mit den MORINOS (Klick!). Da ist es dann auch kein Wunder, dass um Garding herum in den ersten zehn Monaten schon über 2500 Menschen befördert wurden, Monat für Monat mit steigender Tendenz!

Meine Wünsche zur zukünftigen Ausgestaltung unseres neuen ÖPNV:

  • durchgängiger 2-Stunden-Takt auch außerhalb der Ferien (alternativ: Schulbusse halten bei Bedarf auch an reinen RufBushaltestellen)
  • möglichst bald fahrscheinloser ÖPNV in Nordfriesland, beginnend mit demRufBus; bis dahin günstiger Einheitspreis beim RufBus (z. B. 1 € pro Fahrt, 100 € für eine Jahreskarte) und Anerkennung der Schülertickets  mindestens ab 14 Uhr
  • durchgängige Barrierefreiheit
  • zentrale, eingängige Rufnummer mit Durchwahlmöglichkeit zum RufBus der Region, Bestellmöglichkeit des RufBusses über SMS und WhatsApp
  • Fahrradmitnahme im RufBusverkehr
  • die Umstellung auf alternative Antriebe aus erneuerbaren Quellen forcieren, alle Fördermöglichkeiten ausschöpfen
  • Entwicklung einer App (mit GPS zur Ortung des Busses), die alle nutzbaren Verkehrsmittel anzeigt und über die man die Fahrkarten bestellen und bezahlen kann (Zukunftsmusik).

Uwe Schwalm                                                                                            Vorsitzender Grüne Fraktion im Kreistag, stellv. Landrat

(uwe.schwalm@t-online.de, 0151/4000 3986)

https://www.der-nordfriesische-weg.de

www.saxofon-livemusik.de

www.rufbus-eiderstedt.de

www.gruene-nf.de

…. und hier der Link zur offiziellen Seite des Kreises, über den man sich auch zu den örtlichen Einführungs- und Informationsveranstaltungen anmelden kann:

www.nordfriesland.de/Rufbus

 

……………… und hier eine Karte mit den 18 geplanten RufBus-Gebieten:

 

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……….. und hier noch ein paar Presseartikel (für Menschen mit viel Zeit und großem Interesse am Thema 🙂 ):

 

 

Presse RufBus NF 4 (HN 18.11.17)

Busfahrer Ralf Hinrichsen (l.) und Rufbus-Initiator Uwe Schwalm stellen das Projekt vor. bdk

Tetenbüll: „Das sind tolle Erinnerungen an frühere Zeiten“, schwärmte Erich Petersen. Der 82-Jährige gehörte zu den Besuchern eines Nachmittags für überwiegend reifere Menschen im Tetenbüller Theatrium. Dabei unterhielt das Quartett „Morinos“ das Publikum mit Schlagern und Volksliedern. Zu den „Tulpen aus Amsterdam“ forderte Schlagzeuger Detlef Petersen die Anwesenden auf, „im Geiste“ zu tanzen, denn für Bewegung auf dem Parkett war im Saal angesichts von mehr als 100 Gästen kein Platz. Das Urgestein der vor 50 Jahren gegründeten Band sorgte mit humorvollen Bemerkungen für manchen Lacher. Mehrfach stimmte das Publikum in die Lieder ein. Besonderen Applaus erntete Arno Jacobsen, der auf seinem Akkordeon Titel von Albert Vossen, dem „James Last der 1940er Jahre“, perfekt intonierte. Neben Jochen Krüger (Bass) gehört Uwe Schwalm (Saxofon) mit zum Ensemble.

Schwalm ist auch der Organisator der Veranstaltung unter dem Motto „Kaffee, Kuchen, ein Schnaps und Gesang“. Damit möchte er für die Nutzung des Rufbusses im mittleren Eiderstedt werben, sagte er. Auch dieses Projekt hatte er als Leiter der Arbeitsgemeinschaft Mobilität im Kooperationsraum Mittleres Eiderstedt initiiert. Um die Scheu vor einem Anruf bei dem Busunternehmer Ralf Hinrichsen zu überwinden, stellte er ihn den Gästen vor. Schwalm kündigte die Erweiterung des Einsatzbereichs von Rufbussen bis Tönning und Tating im nächsten Jahr an. „Außerdem kann man beim Fahrer Tickets für die Weiterreise mit der Bahn lösen – zwar nicht bis nach Honolulu, aber bis nach Husum.“

Der nächste nostalgische Nachmittag findet am 9. Dezember statt. bdk

Presse RufBus NF 3 (HN 8.11.17)

Bislang ein Erfolgsmodell: Ein behindertengerechter Rufbus bedient während der Pilotphase zunächst das mittlere Eiderstedt.

Wenn der Bus auf Anruf hält     Rufbus-Pilotprojekt läuft erfolgreich im mittleren Eiderstedt / Neues System soll überall auf dem nordfriesischen Festland eingeführt werden

Nordfriesland: In weiten Teilen Nordfrieslands wird der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in den nächsten Jahren in neue Bahnen gelenkt. Ein Rufbus-System soll es Einheimischen und auch Urlaubsgästen künftig ermöglichen, im Zwei-Stunden-Takt ihre persönlichen Wunsch-Ziele in der Region, den nächstgelegenen Zentralort oder auch den Bahnhof zu erreichen, um den Anschlusszug zu bekommen – Anruf genügt.

Was wie Zukunftsmusik klingt, ist in Eiderstedt teilweise bereits Realität: Im Herzen der Halbinsel – zwischen Westerhever, Garding und Vollerwiek – läuft seit dem Frühjahr ein eineinhalbjähriges Rufbus-Pilotprojekt, das aus Mitteln der Europäischen Union, des Kreises Nordfriesland und der Aktiv-Region Südliches Nordfriesland finanziert wird. Kooperationspartner sind die DB-Autokraft, der Nahverkehrsverbund SH und nicht zuletzt jene neun Gemeinden, die sich in punkto ÖPNV zum Kooperationsraum Mittleres Eiderstedt zusammengeschlossen haben. Das Rufbus-Modell soll zum 1. August 2018 auf ganz Eiderstedt und den ländlichen Süden Nordfrieslands sowie Festlands-Südtondern übertragen werden. Die Ausschreibung läuft. Bredstedt und Umland sind dann ein Jahr später dran. Insgesamt sollen 18 Rufbus-Kooperationsräume gebildet werden.

Für die Nutzer hat das neue System (www.amt-eiderstedt.de ) handfeste Vorteile: Mindestens zwei Stunden vorher können sie eine zwischen 8 und 18 Uhr besetzte Telefonzentrale kontaktieren und bekommen dann vom Rufbus-Fahrer mitgeteilt, wann er sie an welcher Haltestelle abholt. Der Termin für die Rücktour wird dann im Bus selbst vereinbart. Pro Fahrt werden in Eiderstedt moderate 1,80 Euro fällig. Von August 2018 an sollen auch Schülerfahrkarten anerkannt werden.

Die Einführungsphase kann sich sehen lassen, zuletzt wurden die Erwartungen sogar übertroffen: „Im mittleren Eiderstedt läuft es richtig gut, teilweise gehen die Nutzerzahlen sogar durch die Decke“, freut sich Uwe Schwalm. Der Grünen-Fraktions-Chef im Kreistag und dritte stellvertretende Landrat begleitet das Pilotprojekt zusammen mit weiteren ehrenamtlichen Mitstreitern aktiv in der Arbeitsgemeinschaft Mobilität, mit dem Rufbus-Orchester und einer monatlichen Veranstaltungsreihe im Theatrium in Tetenbüll.

Laut Statistik hat das Pilotprojekt die Erwartungen in den ersten sechs Monaten erfüllt und teilweise sogar übertroffen. Danach nutzten rund 1500 Fahrgäste, darunter 75 Prozent Einheimische und etwa 150 Jugendliche, das neue Angebot des barrierefreien, mit 22 Sitzplätzen und W-Lan ausgestatteten Rufbusses. Damit wurden 35 Prozent der von dem Rufbus-Unternehmer Ralf Hinrichsen angebotenen Fahrplan-Kilometer tatsächlich abgerufen. Eine vergleichsweise gute Quote, wie Uwe Schwalm zu berichten weiß. Angepeilt wird für Nordfriesland insgesamt mittelfristig eine Quote von 40 Prozent, die Nutzerzahl soll also weiter deutlich gesteigert werden.

Was in Eiderstedt dank großen ehrenamtlichen Engagements und mit dem Vorlauf der Pilotphase auf den Weg gebracht ist, muss dann allerdings noch erfolgreich auf das übrige nordfriesische Festland übertragen werden. Und da ist Uwe Schwalm schon ein bisschen mulmig, ob das von August 2018 an reibungslos klappt. Denn dort gibt es den langen Vorlauf bei der Rufbus-Einführung nicht und noch haben sich die Gemeinden andernorts auch noch nicht zu Kooperationsräumen zusammengefunden. „Nun wird das Pferd leider vom Schwanz her aufgezäumt, zeitlich lässt sich das aber nicht anders machen“, sagt der engagierte Grünen-Politiker, dem die Mobilität im ländlichen Raum eine Herzensangelegenheit ist: „Mir liegt viel daran, dass der Rufbus auch im Norden Nordfrieslands ein Erfolg wird“, so der Tatinger. Deshalb plädiert er dafür, die kreisweite Umsetzung durch eine professionelle Info-Kampagne begleiten zu lassen – auch wenn dies extra Geld kostet. „Die Reserviertheit ist groß, die muss man erstmal aufbrechen“, so sein Rat.

„Wir stehen in Nordfriesland wirklich vor einem Paradigmenwechsel, vor einem neuen Zeitalter“, hatte auch Landrat Dieter Harrsen bei der jüngsten Zusammenkunft des nordfriesischen Gemeindetages in Drelsdorf für die geplante Neustrukturierung des Öffentlichen Personennahverkehrs geworben. Denn ein Rufbus-System im Zwei-Stunden-Takt gebe es in dieser Form in Schleswig-Holstein noch nicht: Erstmals kämen auch Bewohner ländlicher Räume in den Genuss einen Taktes vom kleinsten Ort zum nächst größeren. „Davon haben wir immer geträumt“, sagte Harrsen. Dafür nehme der Kreis Nordfriesland jährlich Haushaltsmittel in Höhe von bis zu zwei Millionen Euro in die Hand – „und das ist es auch wert“, betonte der Landrat. Denn das künftige Angebot umfasse auch die Wochenenden und die Zeit der Schulferien. Allerdings weiß auch Harrsen, dass die Umstellung kein Selbstgänger wird. Seine Marschrichtung: „Wir brauchen Ehrenamtler, die dafür werben“, sagte er mit Blick auf das erfolgreiche Pilotprojekt.

Mit ehrenamtlichem Engagement allein ist es nach Auffassung der Kreistags-Mehrheit von CDU, FDP und Grünen freilich nicht getan. Das nordfriesische Jamaika-Bündnis bereitet deshalb für die Sitzung am 17. November einen Antrag zu diesem Thema vor. Auf diesem Weg soll der Landrat aufgefordert werden, sich bei der kreisweiten Einführung der sogenannten dritten Netzebene der Unterstützung eines professionellen externen Büros zu bedienen und dabei Erfahrungen mit dem Rufbus-Pilotprojekt im mittleren Eiderstedt einzubeziehen. fu

Presse RufBus NF 2 (HN 15.11.2016)

Nordfriesland: Eine Viertelmillion Euro will der Kreis Nordfriesland künftig zusätzlich pro Jahr in die Hand nehmen, um den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu verbessern. Zentrale Neuerung ist ein Rufbus-System für 18 Teilregionen im Kreisgebiet, mit dessen Hilfe auch ländliche Orte Anschluss an das überregionale Kernnetz erhalten sollen (wir berichteten). Die entsprechende Ausschreibung haben Verwaltung und Kreispolitik bereits auf den Weg gebracht. Das neue Konzept soll vom Jahr 2018 an für die folgenden fünf bis zehn Jahre eingeführt werden, so es die Ergebnisse der Ausschreibung zulassen.

Das neue System fußt – in modifizierter Form – auf dem ÖPNV-Konzept des Kreises Salzwedel in Sachsen-Anhalt. Im sogenannten Ramboll-Gutachten der Landesregierung zum Thema „Mobilität der Zukunft in Schleswig-Holstein“ vom Dezember dieses Jahres wird es mit seinem flächendeckenden Rufbus in enger Vertaktung mit Schnellbussen und der Bahn als Good-Practice-Beispiel explizit hervorgehoben. Denn durch das bewährte, neustrukturierte Busliniennetz werde den Auswirkungen des demografischen Wandels entgegengesteuert.

Als „Vater“ des jetzt angepeilten nordfriesischen Modells darf der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Uwe Schwalm, gelten. Vorausschauend hatte er sich vor inzwischen mehr als zwei Jahren für eine Informationsreise von Kreisvertretern durch halb Deutschland stark gemacht, um erfolgreiche Verkehrsprojekte für den ländlichen Raum in Augenschein zu nehmen. Bei der Suche nach einem ÖPNV-Modell der Zukunft für Nordfriesland waren sie dann „mehr oder weniger zufällig“ auf Salzwedel gestoßen.

Während die Info-Tour zunächst noch politisch umstritten war, ließen sich alle Beteiligten schließlich nach und nach von den Zukunftschancen überzeugen, die das Salzwedeler Modell auch für Nordfriesland bietet. Mit den Ausschlag gab dafür ein Gutachten, das der Kreis NF in Auftrag gegeben hatte, um die Übertragbarkeit abzuklopfen. Nachdem auch die Gemeinden ihre Zustimmung signalisiert hatten, fielen am Ende alle Entscheidungen einstimmig, was Schwalm auch als einen Erfolg grüner Verkehrspolitik wertet.

Erleichtert ist er, dass ursprüngliche Überlegungen nicht zum Zuge gekommen sind, wonach der Kreis die Verantwortung für den Öffentlichen Personennahverkehr auf die 18 Teilregionen übertragen sollte. „Dann hätten wir im Festlands-Bereich bestenfalls einen Flickenteppich unterschiedlicher ehrenamtlicher Mobilitäts-Initiativen bekommen“, sagt er. Außer jenen in Ladelund und Eiderstedt, wäre wohl kaum etwas übrig geblieben – „die Konsequenzen für die Lebensqualität auf dem Lande kann sich jeder selbst ausmalen“.

Jetzt bietet sich laut Schwalm die Chance, in den nächsten zehn Jahren ein einheitliches und professionelles Rufbus-System mit rund fünf Millionen Fahrplan-Kilometern in der Fläche zu etablieren, von denen erfahrungsgemäß voraussichtlich zwischen 20 und 30 Prozent abgerufen würden. „Das ist zwar teurer als das bisherige, doch ohne das Konzept würden unsere ländlichen Regionen unaufhaltsam weiter ausbluten“, so der Kreispolitiker. Dabei ist ihm bewusst, dass auch für dieses Modell in der Anfangsphase ehrenamtliches Engagement unentbehrlich sei. Denn es gelte, insbesondere auch ältere Menschen auf dem Land mit den Neuerungen vertraut zu machen. Ansonsten müssten sich die Verkehrsbetriebe anstrengen, „denn sie wissen, dass dieses System zumindest landesweit ihre letzte Chance ist, die Fläche zu bedienen“.

Parallel zur Rufbus-Einführung im Nahverkehr ist im Übrigen geplant, für die Ballungsräume und Inseln eine App zu entwickeln und testen zu lassen. Diese soll es ermöglichen, private und professionelle Car- und Pedelec-Sharing-Angebote in Echtzeit anzuzeigen, zu buchen und zu bezahlen. Da das für Nordfriesland noch Zukunftsmusik ist, so Schwalm, „hat das Rufbus-System inzwischen gute Chancen, sich zu etablieren“. fu